Dieter Zander

Vera Rüttimann
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Vera Rüttimann
Vera Rüttimann
Foto: Katharina Pfuhl
Foto: Katharina Pfuhl
Foto: Katharina Pfuhl
Foto: Katharina Pfuhl

 
Sehr geehrte Gäste,
anlässlich der diesjährigen Ausstellungsserie der Zionskirche mit dem Motto – Widerstandsräume – Friedliche Revolution – Hier stehe ich –
wird heute am 3.Oktober 2014, 24 Jahre nach der zumindest vertraglichen Einigung dieses Landes und dieser Stadt eine Ausstellung des Künstlers Dieter Zander eröffnet.
Sie haben mit dieser Ausstellung die Möglichkeit, Werke eines Künstlers zu betrachten und zu reflektieren, dessen biografischer Kreis sich hier, kurz vor seinem 70. Geburtstag, zu schließen scheint.
Geboren wurde Dieter Zander am 25.10.1944 in Bergen auf der Insel Rügen, wohin seine Mutter geflüchtet war, nachdem die Familie in Berlin ausgebombt wurde.
Sonst wäre sein Geburtsort in Berlin-Mitte, ganz nahe dieser Kirche gewesen.
Seine Kindheit war geprägt vom ständigen Wechsel zwischen Berlin und Rügen, wo er oft bei der Großmutter wohnte, da seine alleinerziehende
Mutter mit ihren zwei Söhnen ( der Vater galt als vermisst ) in Berlin für den Lebensunterhalt sorgen musste. Hier besuchte er dann auch den Kindergarten und den Hort der Gemeinde Zionskirche, da er mit der Mutter in der Fehrbelliner Straße wohnte und in der Zehdenicker Straße zur Schule ging.
Seine Konfirmation fand auch hier in der Zionskirche statt.
Dieter Zanders Sozialisation in der DDR war u.a. auch stark geprägt vom Existenzkampf der Mutter, deren unzerbrechliche Treue dem geliebten im Krieg gebliebenen Mann, seinem nie kennengelernten Vater, eine wichtige Basis seines Pazifismus war.
Dieser Pazifismus, gekoppelt mit einer eher linken politischen Gesinnung, die, wie so häufig für die damalige Generation, auch Widerstand gegen familiäre Strukturen bedeutete, bewirkte seinen Eintritt in die SED im Jahre 1963.
Von 1965 – 1971 studierte Dieter Zander an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee bei Prof. Fritz Dähn Malerei und erhielt dort sein Diplom als Maler/Grafiker.
Seit 1971 arbeitete Dieter Zander als freischaffender Künstler in Berlin-Ost, sein Lebensunterhalt war durch regelmäßige staatliche Aufträge gesichert. Sein künstlerisches Talent war anerkannt und wurde honoriert.
Dies änderte sich Mitte der Siebziger Jahre, als die Kritik gegen das DDR-Regime auch bei Dieter Zander schärfer wurde und seinen Höhepunkt im öffentlichen Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns fand.
So wurde Dieter Zander 1976 wegen unsozialistischer Lebensweise, Schädigung des Ansehens der Partei und grober Verletzung der Pflichten eines Genossen aus der SED ausgeschlossen.
Es folgte sein Rückzug ins Private, gesellschaftlich ausgegrenzt durch politische Willkürmaßnahmen der DDR, welche erst nach dem Mauerfall relativiert wurden.
1999 wurde er nach dem 2. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz für die Jahre 1976 – 1990 rehabilitiert.
Sein persönlicher Widerstand gegen den Staat deckt sich erfreulicherweise mit der ja auch politischen Geschichte dieser Kirche, in der in den Jahren 1931 und 1932 der Pastor Dietrich Bonhoeffer predigte und arbeitete.
Der zweite Weltkrieg zerstörte die Zionskirche teilweise. Sie wurde nach dem Krieg notdürftig instandgesetzt und renoviert.
Vor der Wiedervereinigung war hier die Umweltbibliothek untergebracht und war gleichsam die einzige freie Druckerei dort vor Ort. Hier druckten Oppositionelle Flugblätter und Untergrundzeitschriften.
Dieter Zanders Werk ist vielfältig, vielfältiger als diese Ausstellung es zeigen kann. Heute wird hier vor allem der Teil seiner Arbeit präsentiert, der einen ganz speziellen Anspruch auf eine gesellschaftliche und politische Aussage hat, eine Aussage, die ihn ein Leben lang beschäftigt und die er ständig hinterfragt hat.
Sie sehen Materialcollagen, die tiefgründig, assoziationsreich und ironisch, gesellschaftliche Verhältnisse und Tendenzen künstlerisch ins Visier nehmen, brechen und spiegeln und verabeiten.
Sie sehen Werke, die Dieter Zanders politischen Standpunkt in einer Art und Weise zeigen, die in jeder Hinsicht subjektiven Charakter hat und die als eine mögliche omnipotente Grenzüberschreitung durchaus auch in der Intention des Künstlers liegt.
Politisch Unaussprechliches wird hier bildhaft dargestellt und liegt u.a. auch in der Tradition des von Zander sehr geschätzten französischen Zeichners Grandville, der seinerzeit gesellschaftliche Normen mit theatralischen Aspekten entlarvte und erstaunlicherweise auch von Goethe wohlgelitten war, dessen – über allen Gipfeln ist Ruh – ja nun auch Zanders ironisches Motto dieser Ausstellung ist.
Auch Edvard Munch mit seiner ungeheuren Vielfalt und expressiven Psychologie hat Zander immer beeindruckt und geschätzt.
Das von Munch geprägte Schlagwort – Kunst ist Kristallisation – könnte auch in dem zumindest psychologischen Ansatz der Kunst Dieter Zanders liegen.
Und nun sind sie herzlich eingeladen, die Arbeiten eines Künstlers zu betrachten, der immer konsequent und schwer einzuordnen einen künstlerischen Weg gegangen ist, der durchaus Aufmerksamkeit verdient, unabhängig davon, ob seine Werke gefallen oder nicht.
Berlin, den 03.10. 2014